Mir ist es ein Anliegen für meine Kunstwerke und dem dazugehörigen Interesse, warum es die Arbeiten gibt, Formate zu entwickeln die darüber hinaus gehen, was sichtbar, hörbar ist. Ich freue mich über Feedback, Anmerkungen und Verbesserungsvorschläge diesbezüglich.
5.03.2023
Schritt für Schritt wird die Hompage überarbeitet.
Wie, dass den Abbildungen Bildunterschriften die auslesbar sind hinzugefügt werden.
Dies geschieht in Zusammenarbeit mit ink-werk.
Bald wird hier eine Übersicht dazu zu finden sein.
Auch Veranstaltungen, die auf besondere Bedarfe eingehen, werden hier angekündigt.
Zum Beispiel wurde für die Ausstellung Gescheite(rte) Familienplanung Audiodeskriptionen und Tastmodelle produziert, mit der Absicht, dass auch Personen, mit geringerem Sehvermögen, sich ein Bid der Exponate machen können.
Unterstützt wird dies von Stuttgart für alle Inklusiv
It is important to me to develop formats for my artworks and the associated interest why the works exist that go beyond what is visible and audible. I welcome feedback, comments and suggestions for improvement in this regard.
5.03.2023
The homepage is being revised step by step.
Like adding readable captions to the images.
This is done in cooperation with ink-werk.
An overview will soon be available here.
Events that cater to special needs will also be announced here.
For example, audio descriptions and tactile models were produced for the (In)effective family planning exhibition, with the intention that people with poor eyesight can also get a picture of the exhibits. The speaker language is German.
This is supported by Stuttgart für alle Inklusiv
Anna, als ich mir Gedanken zur Rolle des Sichtbaren in Deiner Arbeit gemacht habe, um herauszufinden, welchen Stellenwert das visuell Wahrnehmbare in Deiner Arbeit hat, bin ich ziemlich schnell auf den Begriff des Unsichtbaren gestoßen. Ich hatte ursprünglich den Impuls über das Visuelle in Deiner Kunst nachzudenken, weil ich nach einer textlichen Strategie forschen wollte, wie sich der visuelle Aspekt Deiner Arbeit seheingeschränkten und blinden Personen im Sinne der Barrierefreiheit vermitteln ließe. Da hat sich für mich ziemlich schnell die These ergeben, dass etwas Nicht-Sichtbares oft generell Ausgangspunkt Deiner Arbeit ist. Darauf möchte ich gerne kurz ausführlicher eingehen: Viele Themenkomplexe, die Du in Deiner Arbeit verhandelst, sind gesellschaftlicher und sozialer Art und betreffen die Fragen danach, wie wir (zusammen-)leben. Es begegnen einem in Deiner künstlerischen Auseinandersetzung implizit abstrakte Fragestellungen wie „Was ist Zeit?“, „Wie dehnbar ist der Begriff des sozialen Gefüges ‚Familie‘?“, „Welche Beziehung haben wir gesellschaftlich zum Sterben?“, „Unter welchen Bedingungen wird einem Menschen Privatsphäre zugesprochen?“. Die Art, wie eine Gesellschaft mit solchen großen Themen wie Leben, Sterben, Zeit oder Privatsphäre umgeht, gestaltet maßgeblich das Selbstverständnis dieser Gesellschaft. Und trotzdem manifestiert sich dieses Soziale nicht primär in Bildern, sondern eher in Handlungsweisen, in Beziehungen oder gesellschaftlichen Strukturen, in die wir Mal bewusster Mal unbewusster hineinwirken und die auf uns zurückwirken. Es erscheint mir sogar gerade charakteristisch für diese sozialen Werte und Regeln des Zusammenlebens, dass sie unsere Beziehungen zueinander als unsichtbare Kräfte prägen. Diese unsichtbaren Kräfte machst Du auf unterschiedliche Weise erfahrbar – durch Materialen unterschiedlichster Art, durch verschiedenartige Medien wie Film oder Sound, durch Varianten von Textformaten wie poetische Notizen oder dokumentarische Audioaufnahmen. Starten möchte ich mit einer Frage, die vom Nicht-Sichtbaren wieder zurückzukommt auf das Sichtbare: Wie siehst Du den Aspekt des Visuellen in Deiner Arbeit?
Ich kann mit dem Begriff des Unsichtbaren in Bezug auf meine künstlerische Praxis viel anfangen. Dieses Unsichtbare und seine Sichtbarmachung stehen in meiner Arbeit in einem Spannungsverhältnis. Mich interessiert wirklich primär das Menschelnde in diesen großen Themen, die Du angeschnitten hast. Ich interessiere mich für die Unschärfe, die entsteht, wenn sich in einer realen gesellschaftlichen Vielstimmigkeit unterschiedliche Positionen und Meinungen zu einem Thema überlagern. Es geht mir weder ausschließlich um eine singuläre, subjektive Auseinandersetzung noch um eine wissenschaftliche Abhandlung, die einen „objektiven“ Blick auf ein Thema ermöglicht. Ich gehe zwar oft von etwas Biografischen aus und beziehe wissenschaftliche Texte in Recherchen mit ein, aber es geht mir bei allen Arbeiten um gesellschaftliche Relevanz, um den Menschen als Objekt in einem sozialen Gefüge, um das Menschelnde eben. Aber natürlich stellt sich da die Frage: Wie kann dieses Menscheln erfahrbar gemacht werden? Was ist daran sagbar und was nicht? Was lässt sich durch Sprache vermitteln und welche Unsichtbarkeiten brauchen eher ein Material, um sinnlich erfahrbar zu werden? In diesem Kontext beschäftige ich mich viel mit den unterschiedlichen Möglichkeiten, dem Nonverbalen eine Materialität, ein Medium, ein Objekt zu geben. Objekte, Materialien und Medien sind für mich tools, die durch ein bestimmtes framing eine Bedeutung bekommen.
Das Unsichtbare ist also gleichzeitig auch das Nonverbale oder Unsagbare?
Ja, aber der Aspekt des Unsichtbaren geht noch darüber hinaus. Ich erforsche Themen zum Beispiel viel über Gespräche, also über einen verbalen Austausch. Ich arbeite öfter mit selbst konzipierten Fragebögen, die von ganz unterschiedlichen Menschen beantwortet werden. Für „Gescheite(rte) Familienplanung“ ließ ich die Antworten dann von anderen Personen einsprechen, um eben niemanden zum Ausstellungsobjekt zu machen, aber trotzdem die Subjektivität einer einzelnen Meinung zu beizubehalten. Denn über die subjektiven, persönlichen Wahrnehmungen verschiedener Menschen, über ihre unterschiedlichen Ansichten, Meinungen und Erfahrungen bekommt ein abstraktes Thema einen Körper, eine Form, wird zu einer unscharfen Verdichtung. Die Themen, die meine Arbeit bewegen und durchdringen, sind immer Komplexe von individuellen Meinungen, Erfahrungen und Erwartungen. In diesem Sinne sind für mich Gespräche Vektoren, die ein bestimmtes Thema, einen Gedanken oder ein Motiv aufspannen. Und diese Vektoren sind unsichtbar, denn letztendlich markieren sie verschiedene menschliche Beziehungen zu einem Thema, zu einem Objekt, zu einem anderen Menschen. Diese Vielheit ist mein Anhaltspunkt für die handwerkliche Übersetzung dieser Perspektiven in Material. Eigentlich mache ich Übersetzungsarbeit. Ich übersetze Nonverbales, Soziales, unsichtbares Menschelndes in Material. Allerdings nur zum Teil, denn zu einem anderen Teil findet Soziales auch als Soziales statt in den Ausstellungsprojekten: Als Auswertung eines Fragebogens, als soziales Veranstaltungsformat, als Begegnung. In der kollaborativen Art meiner Arbeit steckt auch noch eine dritte Art von Unsichtbarkeit. Denn die Beziehungen, die ich zu unterschiedlichen Menschen im Rahmen einer Arbeit oder einer Recherche beginne, gehen weit über den Rahmen einer Ausstellung hinaus. Mit Vielen habe ich über Jahre hinweg Kontakt. Diese Art der Beziehungsarbeit ist auch nicht offensichtlich für Aussenstehende - also: unsichtbar.
Wie findest Du im Entstehungsprozess einer Arbeit zu einer Visualität oder Materialität?
Der Prozess der Materialfindung ist, wie schon angesprochen, für mich ein Akt der Übersetzung. Material ist für mich die Möglichkeit einer Übersetzung von Texten in etwas, das auch noch auf anderen Ebenen sinnlich erfahrbar ist und einen anderen Zugang der Wahrnehmung wählt. Als erstes ist da bei mir eine Idee, die sich sprachlich formuliert in Form eines poetischen Textes. Ein Text funktioniert für mich als Anhaltspunkt, als Mindmap. Dieser Text faltet sich aber eigentlich nie in nur einem einzigen Material auf, sondern ich finde für unterschiedliche Positionen zu einem Thema auch unterschiedliche Materialien. Ich arbeite immer mit verschiedenartigen Materialien an der Vermittlung eines Themas. Das visuelle Material hat für mich also eher den Status eines Diagramms, während der Text gewissermaßen die Textur vorgibt und Ausgangspunkt für die Wahl des Materials ist. Die Auswahl und Nutzung des Materials fallen für mich nicht unbedingt in die Kategorie des Gefallens, sondern bilden die handwerklichen Möglichkeiten einer Übersetzung ins Material ab. Mir ist diese handwerkliche, unmittelbare, sichtbare Arbeit am Material wichtig, um konkret zu bleiben und nicht ätherisch zu werden, was ja beim Abstraktionslevel der Themen passieren könnte. Durch mehrere Materialien, unterschiedliche Zugänge und verschiedene Stationen innerhalb einer Arbeit wird eine Bewegung angestoßen, die etwas empfinden lässt. Ich mache mit meinen Materialübersetzungen Assoziationsangebote.
Das ist insofern spannend als dass man bei der Erfahrung Deiner Arbeiten wirklich das Gefühl hat, an einem Zwiegespräch zwischen Text, Material und unterschiedlichen Medien beteiligt zu sein. Mich würde noch interessieren, wie es zu den unterschiedlichen Arten von Text kommt, die in Deiner Arbeit vorkommen, denn Du arbeitest ja auch viel mit Fremdtext, der oft aus Gesprächen zu Fragebögen generiert wird, die Du teilweise für Arbeiten entwirfst. Und die Fragebögen selbst sind ja auch eine Art von Text.
Der Text, der zu meinem Ausgangspunkttext von außen dazu kommt, funktioniert für mich, wie ein dokumentarischer Text, anhand dessen es möglich ist, eine Vielstimmigkeit einzufangen. Denn ich beabsichtige nicht nur mein singuläres Empfinden zu einem Thema abzubilden. Da die Themen Privates betreffen, wähle ich eine Form, die die Beteiligten wie auch die Personen meines Privatlebens nicht ausstellt. Dabei wird nichts verschleiert, aber auch nichts exponiert. Die Aspekte, die die Betrachter:innen betrifft/berührt sind von jeder:m möglich individuell herauszulesen, aber trotzdem lässt sich eine Arbeit nicht auf eine einzige Aussage herunterbrechen. Dieses Ungenaue ist das Unsichtbare, das trotzdem existent ist und nicht den Status eines "Nichts" trägt. Die Vielstimmigkeit von äußeren Stimmen zeigt eine Unschärfe, die entsteht, wenn viele unterschiedliche Perspektiven auf einen Themenkomplex sichtbar werden. In meiner Arbeit kommunizieren unterschiedliche Textarten mit unterschiedlichen Materialarten und unterschiedlichen Medien wie in einem komplexen Gespräch, deshalb ist es nicht so einfach Möglichkeiten und Räume zu finden, in denen so viel Platz ist, dass dort die "einzelnen" Arbeiten miteinander interagieren können. Die Anordnung und der Dialog, der zwischen den unterschiedlichen Positionen entsteht, gleicht einer fragilen Choreografie, denn wenn die einzelnen Positionen nicht untereinander ins Gespräch kommen, wirken sie dekontextualisiert. Die Dinge müssen miteinander sprechen. Ich mache gerne „Sätze“, mich interessiert nicht das einzelne Ding. Es gibt in meinen Arbeiten kein Zentrum, sonst wäre es einfacher die Positionen unabhängig voneinander auszustellen. Die unterschiedlichen Aspekte/ Sätze nenne ich, wenn sie miteinander in einem Raum sind, Konstellation. Ich verstehe die Choreografie des Dialogs zwischen verschiedenen Materialien und Medien wie die Arbeit der Spinne beim Netzknüpfen. Über die Leerstellen und Lücken, über das, was wirklich nicht sichtbar gemacht werden kann, bilden sich Stränge und Verknüpfungen, anhand derer wir uns durch ein abstraktes Thema navigieren können.
Ich finde, das merkt man auch an der Art, wie Du Ausstellungen denkst, denn manchmal sind ja auch Veranstaltungen Teil Deiner Arbeit. Bei „Das ist (ja) voll mein Ding“ gab es eine Versteigerung von Objekten, die Du vorher von Personen aus der Nachbarschaft gesammelt hast und von Dingen, die aus unterschiedlichen Belangen in einem diakonisches Sozialkaufhaus abgeben wurden. Der fünfteilige Film „Das Leben als Fünfakter“ wurde im zweiwöchentlichen Abstand nachmittags in einem Stadtteilzentrum bei Kaffee, Kuchen und Kaltgetränken in einem Erzählcafè mit Senior:innen analog angeschaut und im Anschluss wurde sich dazu ausgetauscht. Abends wurde derselbe Film dann wiederum in einer virtuellen Höhle gelauncht, die man als Avatar betreten konnte. Dort gab es dann auch eine Einführung zum Film.
Ja, es geht mir auch beim Nachdenken über den Ausstellungsraum oder das Ausstellungsgeschehen um das Präsens, das unmittelbar und ephemer ist. Das geht sogar über den Ausstellungsraum hinaus. Die 500 Exemplare der Publikation „Sterben Üben“ habe ich von Hand nummeriert. Über der Nummerierung ist ein kleiner Text abgedruckt. Die Person, die das Buch gekauft hat oder geschenkt bekommen hat, wird von diesem Text direkt angesprochen: „Du bist ein Unikat. Jedes Buch ist ein Unikat. Das hier ist Dein Buch. Schicke mir eine Nachricht mit Deiner Postadresse/Postfach und Deiner Editionsnummer an: praesens@posteo.de Ich schicke Dir einen fotografischen Ausschnitt aus meiner Realität. Bei diesem Bild handelt es sich um eine Momentaufnahme. Ein Unikat.“ So ist ein Teil des Buchs auch eine ephemere Performance, eine flüchtige Begegnung. Ähnlich denke ich auch Ausstellungen, nämlich als Begegnung. Eine Ausstellung funktioniert für mich als Erfahrungsraum, der flüchtig ist und gleichzeitig weiterexistiert. Ich verstehe meine Arbeiten auch als soziale Plastik. Nicht im Sinne einer Kunst, die ein ästhetisches Anschauungsobjekt ist, sondern als Handlungsobjekt und als Erfahrungsraum. Viele Verbindungen entstehen auch zufällig und im Dialog mit dem Ort, an dem die Arbeit dann gezeigt wird. Zum Beispiel ist mir neben der Stiftung Centre Culturel Franco-Allemand Karlsruhe, wo ich die Arbeit „Das ist (ja) voll mein Ding“ entwickelt habe, auch ein Sozialkaufhaus aufgefallen, das mich veranlasst hat darüber nachzudenken, wie ich die Videoarbeit, die ich zeigen wollte, mit einem partizipatorischem Format bei dem es um Recycling und Zirkulation geht, ergänzen kann. Dieser Idee in Karlsruhe war vorausgegangen, dass ich mich in Paris während meines Stipendiums an der Cité internationale des Arts unter anderem mit der Beziehung zu Dingen beschäftigt habe, die man vergessen hat, die man vermisst. Mich hat interessiert, wie das mit dem Ersetzen dieser Dinge auf funktionaler oder ideeller Ebene ist. Daraus ist ein Film geworden in dem unterschiedliche Resident:innen über ihr Ding sprechen. Ein anderes Beispiel hast Du schon angesprochen: Und zwar die Beziehungen, die ich mit älteren Personen begonnen habe, um im Rahmen von „Sterben Üben“ Gespräche über das Lebensende oder den Blick auf eine gelebte wie erlebte Lebenszeit zu führen. Diese Gespräche sind in die Entstehung des Films „Das Leben als Fünfakter“ miteingeflossen, der dann wiederum gemeinsam nachmittags in einem Erzählcafè angeschaut wurde. Wir haben den Film nicht gemeinsam gedacht, aber der Austausch war wichtig für die Personen - und für mich, um zum Beispiel zu verstehen, dass es immer große Untertitel auf Deutsch als auch auf Englisch braucht, weil die älteren Personen akustisch nicht alles verstanden haben. Für mich war wichtig zu bemerken, dass es nicht zu abstrakt werden darf, sonst verliere ich sie. Und dass es Sinn macht, den Film in fünf Segmente von 10 Minuten aufzuteilen, sonst lässt die Konzentration nach. Ich hatte die Arbeit konzeptuell ja sowieso, daraufhin angelegt, dass das Prinzip der Form auf die aristotelische Dramenstruktur verweist, also aus 5 Akten besteht - so hat alles gut zusammen gepasst. Dieser Beziehungsteil der Arbeiten, der für deren Entstehung ganz wichtig ist, bleibt in der Ausstellung selbst zu einem Teil unsichtbar, denn neben den Gesprächen, die als Audio zu hören sind oder die ich in Material übersetzt habe, entstehen in diesen sozialen Erfahrungsräumen Beziehungen mit Menschen und Gesellschaft, die weit über die Ausstellungsdauer hinaus gehen. In diesem Sinne sind wir wieder bei der Unsichtbarkeit am Anfang angelangt.
Judith Engel:
Anna, when I was thinking about the role of the visible in your work, to find out what significance the visually perceptible has in it, I quickly came to the concept of the invisible. I originally had the impulse to think about the visual in your work because I wanted to explore a textual strategy for conveying the visual aspect of your work to visually impaired and blind people in terms of accessibility. I quickly came to the conclusion that something invisible is often the general starting point of your work. I would like to elaborate on this: Many of the themes you deal with in your work relate to society and social issues and concern questions about how we live (together). In your artistic exploration, we implicitly encounter abstract questions such as “What is time?”, “How elastic is the concept of the social structure of ‘family’?”, “What is our social relationship to dying?”, “Under what conditions is a person granted privacy?”. The way a society deals with major issues such as life, death, time, and privacy plays a key role in shaping how that society sees itself. And yet, this social aspect does not manifest itself primarily in images, but rather in ways of acting, in relationships or social structures that we influence, sometimes consciously and sometimes unconsciously, and that have an effect on us. It even seems to me to be characteristic of these social values and rules of coexistence that they shape our relationships with each other as invisible forces. You make these invisible forces perceptible in different ways – through materials of various kinds, through different media such as film or sound, through various text formats such as poetic notes or documentary audio recordings. I would like to begin with a question that moves from the invisible back to the visible: How do you see the aspect of the visual in your work?
Anna Gohmert:
I find the concept of the invisible very useful in relation to my artistic practice. The invisible and its visualization are in a tense relationship in my work. What interests me primarily is the human element in these broad themes that you touched on. I’m interested in the blurring that occurs when different positions and opinions on a subject overlap in a real social polyphony. I’m not exclusively interested in a singular, subjective approach, nor in a scientific treatment that provides an “objective” view of a topic. Although I often start from something biographical and include scientific texts in my research, all my work is about social relevance, about people as objects in a social structure, about the human element. But of course the question arises: How can this human element be made tangible? What can be said about it and what can’t? What can be conveyed through language, and which of these invisible things are more in need of a material to make them sensually perceptible? In this context, I spend a lot of time exploring the different possibilities of giving the non-verbal a materiality, a medium, an object. For me, objects, materials, and media are tools that are given meaning through a certain framing.
JE:
So the invisible is also the non-verbal or unspeakable?
AG:
Yes, but the aspect of the invisible goes beyond that. For example, I frequently explore themes through conversations – in other words, through verbal exchange. I often work with self-designed questionnaires that are answered by very different people. For Gescheite(rte) Familienplanung ((In)effective family planning), I had the answers recorded by other people to ensure that no one became an exhibition object, but that the subjectivity of an individual opinion was preserved. Because the subjective, personal perceptions of different people, their different views, opinions, and experiences, give an abstract theme a body, a form, a vague density. The themes that motivate and permeate my work are always complexes of individual opinions, experiences, and expectations. In this sense, conversations for me are vectors that span a certain theme, thought, or motif. And these vectors are invisible, because they ultimately mark different human relationships to a theme, to an object, to another person. This multiplicity is my reference point for manually translating these perspectives into material. What I am actually doing is translation work. I translate the non-verbal, the social, the invisible elements of human life into material. But only in part, because the social also takes place as the social element in the exhibition projects: as an evaluation of a questionnaire, as a social event format, as an encounter. There is also a third kind of invisibility in the collaborative nature of my work. Because the relationships that I establish with different people as part of an artwork or an investigation go far beyond the scope of an exhibition. I have been in contact with many of them for years. This kind of relational work is also not obvious to outsiders – in other words: invisible.
JE:
How do you find a visuality or materiality in the process of creating a work?
AG:
The process of finding material is, as already mentioned, an act of translation for me. I see material as a way of translating texts into something that can also be experienced sensually on other levels and that selects a different approach to perception. First, I have an idea that is expressed linguistically in the form of a poetic text. A text functions for me as a reference point, as a mind map. But this text never actually unfolds in just one single material; I find different materials for different positions on a subject. I always work with different materials to convey a theme. So for me, the visual material has more of the status of a diagram, while the text provides the texture, so to speak, and is the starting point for the choice of material. I don’t necessarily see the choice and use of the material as a matter of preference, but rather as a reflection of the technical possibilities of a translation into the material. This manual, direct, visible work on the material is important to me in order to remain concrete and not become ethereal, which could happen given the level of abstraction of the themes. Through multiple materials, various approaches, and different stations within a work, a movement is triggered that allows something to be felt. With my material translations I offer associations.
JE:
This is exciting in the sense that when experiencing your work, one really has the feeling of being involved in a dialog between text, material, and different media. I would also be interested to know how the different types of text that appear in your work come about, because you also work a lot with external text, which is often generated from conversations about questionnaires that you sometimes design for works. And the questionnaires themselves are also a type of text.
AG:
For me, the text that is added to my starting text from the outside works like a documentary text that makes it possible to capture a multiplicity of voices. Because I don’t just want to express my singular feelings on a subject. Since the themes are very personal, I choose a form that doesn’t put the people involved or the people in my private life on display. In this way, nothing is hidden, but nothing is exposed. The aspects that affect or touch the viewer can be identified individually by each person, but a work can’t be reduced to a single statement. This imprecision is the invisible, which nevertheless exists and isn’t “nothing”. The polyphony of external voices reveals a vagueness that emerges when many different perspectives on a thematic complex become visible. In my work, different types of texts communicate with different types of material and different media as if they were part of a complex conversation, which is why it is not so easy to find opportunities and spaces with enough room for the “individual” works to interact with each other. The arrangement and the dialog that emerges between the different positions is like a fragile choreography, because if the individual positions don’t enter into conversation with each other, they seem almost decontextualized. Things have to talk to each other. I like to make “sentences” – I’m not interested in the solitary thing. There is no center in my work, otherwise it would be easier to exhibit the positions independently of each other. When they’re together in one space, I call the different aspects/sentences a constellation. I understand the choreography of the dialog between different materials and media to be like the work of a spider weaving a web. Through the empty spaces and gaps, through what really can’t be made visible, threads and links are formed that allow us to navigate through an abstract theme.
JE:
I think that’s also noticeable in the way you think about exhibitions, because sometimes events are also part of your work. With Das ist (ja) voll mein Ding (That’s (totally) my thing), there was an auction of objects that you had previously collected from people in the neighborhood and of things that had been given to a charity shop for various reasons. The five-part film Sterben Üben – Das Leben als 5-Akter (Learning to Die – Life in 5 Acts) was screened every two weeks in the afternoon in a community center with coffee, cake, and cold drinks as part of a storytelling cafe with senior citizens, followed by a discussion. In the evening, the same film was then shown in a virtual cave that people could enter as avatars. An introduction to the film was also given there.
AG:
Yes, when I think about the exhibition space or the exhibition events, I’m also concerned with the present, which is immediate and ephemeral. This even goes beyond the exhibition space. I numbered the 500 copies of the publication Learning to Die by hand. A small text is printed above the numbering. The person who buys the book or receives it as a gift is directly addressed by this text: “You are one of a kind. Each book is one of a kind. This is your book. Send a message with your postal address/post office box and a picture of your edition number to: präsens@posteo.de. I will send you a photographic detail from my life. Each picture will be a snapshot of a moment. One of a kind.” So, part of the book is also an ephemeral performance, a fleeting encounter. I think of exhibitions in a similar way – as an encounter. For me, an exhibition functions as a space of experience that is fleeting and yet continues to exist. I also see my work as social sculpture. Not in the sense of art as an aesthetic object of contemplation, but as an object of action and a space of experience. Many connections also come about by chance and in dialog with the place where the work will be shown. For example, next to the Foundation Centre Culturel Franco-Allemand Karlsruhe, where I developed the work That’s (totally) my thing, I noticed a charity shop, which led me to think about how I could complement the video work I wanted to show with a participatory format involving recycling and circulation. This idea in Karlsruhe was preceded by the fact that, during my residency at the Cité internationale des Arts in Paris, I had explored, among other things, the relationship to things that one has forgotten, that one misses. I was interested in what it’s like to replace these things on a functional or idealistic level. This resulted in a film in which different residents talk about their “thing”. You’ve already mentioned another example: namely, the relationships I started with older people to have conversations about the end of life or the view of a lived and experienced lifetime in the context of Learning to Die. These conversations fed into the creation of the film Learning to Die – Life in 5 Acts, which we then watched together in the afternoons at a storytelling cafe. We didn’t conceive of the film together, but the exchange was important for the people – and for me, for example, to understand that there always had to be large subtitles in German as well as English, because the older people didn’t understand everything acoustically. It was important for me to realize that the film shouldn’t be too abstract, otherwise I would lose them. I had already conceptualized the work in such a way that the principle of the form refers to the structure of Aristotelian drama – in other words, it consists of five acts. So everything fit together well. This relational part of the works, which is very important for their creation, remains partly invisible in the exhibition itself, because in addition to the conversations that can be heard as audio or that I have translated into material, relationships with people and society develop in these social spaces of experience that go far beyond the duration of the exhibition. In this sense, we return back to the invisibility at the beginning.
The interview and joint exchange took place in February and March 2024.
Mir ist es ein Anliegen für meine Kunstwerke und dem dazugehörigen Interesse, warum es die Arbeiten gibt, Formate zu entwickeln die darüber hinaus gehen, was sichtbar, hörbar ist. Ich freue mich über Feedback, Anmerkungen und Verbesserungsvorschläge diesbezüglich.
5.03.2023
Schritt für Schritt wird die Hompage überarbeitet.
Wie, dass den Abbildungen Bildunterschriften die auslesbar sind hinzugefügt werden.
Dies geschieht in Zusammenarbeit mit ink-werk.
Bald wird hier eine Übersicht dazu zu finden sein.
Auch Veranstaltungen, die auf besondere Bedarfe eingehen, werden hier angekündigt.
Zum Beispiel wurde für die Ausstellung Gescheite(rte) Familienplanung Audiodeskriptionen und Tastmodelle produziert, mit der Absicht, dass auch Personen, mit geringerem Sehvermögen, sich ein Bid der Exponate machen können.
Unterstützt wird dies von Stuttgart für alle Inklusiv
It is important to me to develop formats for my artworks and the associated interest why the works exist that go beyond what is visible and audible. I welcome feedback, comments and suggestions for improvement in this regard.
5.03.2023
The homepage is being revised step by step.
Like adding readable captions to the images.
This is done in cooperation with ink-werk.
An overview will soon be available here.
Events that cater to special needs will also be announced here.
For example, audio descriptions and tactile models were produced for the (In)effective family planning exhibition, with the intention that people with poor eyesight can also get a picture of the exhibits. The speaker language is German.
This is supported by Stuttgart für alle Inklusiv
Anna, als ich mir Gedanken zur Rolle des Sichtbaren in Deiner Arbeit gemacht habe, um herauszufinden, welchen Stellenwert das visuell Wahrnehmbare in Deiner Arbeit hat, bin ich ziemlich schnell auf den Begriff des Unsichtbaren gestoßen. Ich hatte ursprünglich den Impuls über das Visuelle in Deiner Kunst nachzudenken, weil ich nach einer textlichen Strategie forschen wollte, wie sich der visuelle Aspekt Deiner Arbeit seheingeschränkten und blinden Personen im Sinne der Barrierefreiheit vermitteln ließe. Da hat sich für mich ziemlich schnell die These ergeben, dass etwas Nicht-Sichtbares oft generell Ausgangspunkt Deiner Arbeit ist. Darauf möchte ich gerne kurz ausführlicher eingehen: Viele Themenkomplexe, die Du in Deiner Arbeit verhandelst, sind gesellschaftlicher und sozialer Art und betreffen die Fragen danach, wie wir (zusammen-)leben. Es begegnen einem in Deiner künstlerischen Auseinandersetzung implizit abstrakte Fragestellungen wie „Was ist Zeit?“, „Wie dehnbar ist der Begriff des sozialen Gefüges ‚Familie‘?“, „Welche Beziehung haben wir gesellschaftlich zum Sterben?“, „Unter welchen Bedingungen wird einem Menschen Privatsphäre zugesprochen?“. Die Art, wie eine Gesellschaft mit solchen großen Themen wie Leben, Sterben, Zeit oder Privatsphäre umgeht, gestaltet maßgeblich das Selbstverständnis dieser Gesellschaft. Und trotzdem manifestiert sich dieses Soziale nicht primär in Bildern, sondern eher in Handlungsweisen, in Beziehungen oder gesellschaftlichen Strukturen, in die wir Mal bewusster Mal unbewusster hineinwirken und die auf uns zurückwirken. Es erscheint mir sogar gerade charakteristisch für diese sozialen Werte und Regeln des Zusammenlebens, dass sie unsere Beziehungen zueinander als unsichtbare Kräfte prägen. Diese unsichtbaren Kräfte machst Du auf unterschiedliche Weise erfahrbar – durch Materialen unterschiedlichster Art, durch verschiedenartige Medien wie Film oder Sound, durch Varianten von Textformaten wie poetische Notizen oder dokumentarische Audioaufnahmen. Starten möchte ich mit einer Frage, die vom Nicht-Sichtbaren wieder zurückzukommt auf das Sichtbare: Wie siehst Du den Aspekt des Visuellen in Deiner Arbeit?
Ich kann mit dem Begriff des Unsichtbaren in Bezug auf meine künstlerische Praxis viel anfangen. Dieses Unsichtbare und seine Sichtbarmachung stehen in meiner Arbeit in einem Spannungsverhältnis. Mich interessiert wirklich primär das Menschelnde in diesen großen Themen, die Du angeschnitten hast. Ich interessiere mich für die Unschärfe, die entsteht, wenn sich in einer realen gesellschaftlichen Vielstimmigkeit unterschiedliche Positionen und Meinungen zu einem Thema überlagern. Es geht mir weder ausschließlich um eine singuläre, subjektive Auseinandersetzung noch um eine wissenschaftliche Abhandlung, die einen „objektiven“ Blick auf ein Thema ermöglicht. Ich gehe zwar oft von etwas Biografischen aus und beziehe wissenschaftliche Texte in Recherchen mit ein, aber es geht mir bei allen Arbeiten um gesellschaftliche Relevanz, um den Menschen als Objekt in einem sozialen Gefüge, um das Menschelnde eben. Aber natürlich stellt sich da die Frage: Wie kann dieses Menscheln erfahrbar gemacht werden? Was ist daran sagbar und was nicht? Was lässt sich durch Sprache vermitteln und welche Unsichtbarkeiten brauchen eher ein Material, um sinnlich erfahrbar zu werden? In diesem Kontext beschäftige ich mich viel mit den unterschiedlichen Möglichkeiten, dem Nonverbalen eine Materialität, ein Medium, ein Objekt zu geben. Objekte, Materialien und Medien sind für mich tools, die durch ein bestimmtes framing eine Bedeutung bekommen.
Das Unsichtbare ist also gleichzeitig auch das Nonverbale oder Unsagbare?
Ja, aber der Aspekt des Unsichtbaren geht noch darüber hinaus. Ich erforsche Themen zum Beispiel viel über Gespräche, also über einen verbalen Austausch. Ich arbeite öfter mit selbst konzipierten Fragebögen, die von ganz unterschiedlichen Menschen beantwortet werden. Für „Gescheite(rte) Familienplanung“ ließ ich die Antworten dann von anderen Personen einsprechen, um eben niemanden zum Ausstellungsobjekt zu machen, aber trotzdem die Subjektivität einer einzelnen Meinung zu beizubehalten. Denn über die subjektiven, persönlichen Wahrnehmungen verschiedener Menschen, über ihre unterschiedlichen Ansichten, Meinungen und Erfahrungen bekommt ein abstraktes Thema einen Körper, eine Form, wird zu einer unscharfen Verdichtung. Die Themen, die meine Arbeit bewegen und durchdringen, sind immer Komplexe von individuellen Meinungen, Erfahrungen und Erwartungen. In diesem Sinne sind für mich Gespräche Vektoren, die ein bestimmtes Thema, einen Gedanken oder ein Motiv aufspannen. Und diese Vektoren sind unsichtbar, denn letztendlich markieren sie verschiedene menschliche Beziehungen zu einem Thema, zu einem Objekt, zu einem anderen Menschen. Diese Vielheit ist mein Anhaltspunkt für die handwerkliche Übersetzung dieser Perspektiven in Material. Eigentlich mache ich Übersetzungsarbeit. Ich übersetze Nonverbales, Soziales, unsichtbares Menschelndes in Material. Allerdings nur zum Teil, denn zu einem anderen Teil findet Soziales auch als Soziales statt in den Ausstellungsprojekten: Als Auswertung eines Fragebogens, als soziales Veranstaltungsformat, als Begegnung. In der kollaborativen Art meiner Arbeit steckt auch noch eine dritte Art von Unsichtbarkeit. Denn die Beziehungen, die ich zu unterschiedlichen Menschen im Rahmen einer Arbeit oder einer Recherche beginne, gehen weit über den Rahmen einer Ausstellung hinaus. Mit Vielen habe ich über Jahre hinweg Kontakt. Diese Art der Beziehungsarbeit ist auch nicht offensichtlich für Aussenstehende - also: unsichtbar.
Wie findest Du im Entstehungsprozess einer Arbeit zu einer Visualität oder Materialität?
Der Prozess der Materialfindung ist, wie schon angesprochen, für mich ein Akt der Übersetzung. Material ist für mich die Möglichkeit einer Übersetzung von Texten in etwas, das auch noch auf anderen Ebenen sinnlich erfahrbar ist und einen anderen Zugang der Wahrnehmung wählt. Als erstes ist da bei mir eine Idee, die sich sprachlich formuliert in Form eines poetischen Textes. Ein Text funktioniert für mich als Anhaltspunkt, als Mindmap. Dieser Text faltet sich aber eigentlich nie in nur einem einzigen Material auf, sondern ich finde für unterschiedliche Positionen zu einem Thema auch unterschiedliche Materialien. Ich arbeite immer mit verschiedenartigen Materialien an der Vermittlung eines Themas. Das visuelle Material hat für mich also eher den Status eines Diagramms, während der Text gewissermaßen die Textur vorgibt und Ausgangspunkt für die Wahl des Materials ist. Die Auswahl und Nutzung des Materials fallen für mich nicht unbedingt in die Kategorie des Gefallens, sondern bilden die handwerklichen Möglichkeiten einer Übersetzung ins Material ab. Mir ist diese handwerkliche, unmittelbare, sichtbare Arbeit am Material wichtig, um konkret zu bleiben und nicht ätherisch zu werden, was ja beim Abstraktionslevel der Themen passieren könnte. Durch mehrere Materialien, unterschiedliche Zugänge und verschiedene Stationen innerhalb einer Arbeit wird eine Bewegung angestoßen, die etwas empfinden lässt. Ich mache mit meinen Materialübersetzungen Assoziationsangebote.
Das ist insofern spannend als dass man bei der Erfahrung Deiner Arbeiten wirklich das Gefühl hat, an einem Zwiegespräch zwischen Text, Material und unterschiedlichen Medien beteiligt zu sein. Mich würde noch interessieren, wie es zu den unterschiedlichen Arten von Text kommt, die in Deiner Arbeit vorkommen, denn Du arbeitest ja auch viel mit Fremdtext, der oft aus Gesprächen zu Fragebögen generiert wird, die Du teilweise für Arbeiten entwirfst. Und die Fragebögen selbst sind ja auch eine Art von Text.
Der Text, der zu meinem Ausgangspunkttext von außen dazu kommt, funktioniert für mich, wie ein dokumentarischer Text, anhand dessen es möglich ist, eine Vielstimmigkeit einzufangen. Denn ich beabsichtige nicht nur mein singuläres Empfinden zu einem Thema abzubilden. Da die Themen Privates betreffen, wähle ich eine Form, die die Beteiligten wie auch die Personen meines Privatlebens nicht ausstellt. Dabei wird nichts verschleiert, aber auch nichts exponiert. Die Aspekte, die die Betrachter:innen betrifft/berührt sind von jeder:m möglich individuell herauszulesen, aber trotzdem lässt sich eine Arbeit nicht auf eine einzige Aussage herunterbrechen. Dieses Ungenaue ist das Unsichtbare, das trotzdem existent ist und nicht den Status eines "Nichts" trägt. Die Vielstimmigkeit von äußeren Stimmen zeigt eine Unschärfe, die entsteht, wenn viele unterschiedliche Perspektiven auf einen Themenkomplex sichtbar werden. In meiner Arbeit kommunizieren unterschiedliche Textarten mit unterschiedlichen Materialarten und unterschiedlichen Medien wie in einem komplexen Gespräch, deshalb ist es nicht so einfach Möglichkeiten und Räume zu finden, in denen so viel Platz ist, dass dort die "einzelnen" Arbeiten miteinander interagieren können. Die Anordnung und der Dialog, der zwischen den unterschiedlichen Positionen entsteht, gleicht einer fragilen Choreografie, denn wenn die einzelnen Positionen nicht untereinander ins Gespräch kommen, wirken sie dekontextualisiert. Die Dinge müssen miteinander sprechen. Ich mache gerne „Sätze“, mich interessiert nicht das einzelne Ding. Es gibt in meinen Arbeiten kein Zentrum, sonst wäre es einfacher die Positionen unabhängig voneinander auszustellen. Die unterschiedlichen Aspekte/ Sätze nenne ich, wenn sie miteinander in einem Raum sind, Konstellation. Ich verstehe die Choreografie des Dialogs zwischen verschiedenen Materialien und Medien wie die Arbeit der Spinne beim Netzknüpfen. Über die Leerstellen und Lücken, über das, was wirklich nicht sichtbar gemacht werden kann, bilden sich Stränge und Verknüpfungen, anhand derer wir uns durch ein abstraktes Thema navigieren können.
Ich finde, das merkt man auch an der Art, wie Du Ausstellungen denkst, denn manchmal sind ja auch Veranstaltungen Teil Deiner Arbeit. Bei „Das ist (ja) voll mein Ding“ gab es eine Versteigerung von Objekten, die Du vorher von Personen aus der Nachbarschaft gesammelt hast und von Dingen, die aus unterschiedlichen Belangen in einem diakonisches Sozialkaufhaus abgeben wurden. Der fünfteilige Film „Das Leben als Fünfakter“ wurde im zweiwöchentlichen Abstand nachmittags in einem Stadtteilzentrum bei Kaffee, Kuchen und Kaltgetränken in einem Erzählcafè mit Senior:innen analog angeschaut und im Anschluss wurde sich dazu ausgetauscht. Abends wurde derselbe Film dann wiederum in einer virtuellen Höhle gelauncht, die man als Avatar betreten konnte. Dort gab es dann auch eine Einführung zum Film.
Ja, es geht mir auch beim Nachdenken über den Ausstellungsraum oder das Ausstellungsgeschehen um das Präsens, das unmittelbar und ephemer ist. Das geht sogar über den Ausstellungsraum hinaus. Die 500 Exemplare der Publikation „Sterben Üben“ habe ich von Hand nummeriert. Über der Nummerierung ist ein kleiner Text abgedruckt. Die Person, die das Buch gekauft hat oder geschenkt bekommen hat, wird von diesem Text direkt angesprochen: „Du bist ein Unikat. Jedes Buch ist ein Unikat. Das hier ist Dein Buch. Schicke mir eine Nachricht mit Deiner Postadresse/Postfach und Deiner Editionsnummer an: praesens@posteo.de Ich schicke Dir einen fotografischen Ausschnitt aus meiner Realität. Bei diesem Bild handelt es sich um eine Momentaufnahme. Ein Unikat.“ So ist ein Teil des Buchs auch eine ephemere Performance, eine flüchtige Begegnung. Ähnlich denke ich auch Ausstellungen, nämlich als Begegnung. Eine Ausstellung funktioniert für mich als Erfahrungsraum, der flüchtig ist und gleichzeitig weiterexistiert. Ich verstehe meine Arbeiten auch als soziale Plastik. Nicht im Sinne einer Kunst, die ein ästhetisches Anschauungsobjekt ist, sondern als Handlungsobjekt und als Erfahrungsraum. Viele Verbindungen entstehen auch zufällig und im Dialog mit dem Ort, an dem die Arbeit dann gezeigt wird. Zum Beispiel ist mir neben der Stiftung Centre Culturel Franco-Allemand Karlsruhe, wo ich die Arbeit „Das ist (ja) voll mein Ding“ entwickelt habe, auch ein Sozialkaufhaus aufgefallen, das mich veranlasst hat darüber nachzudenken, wie ich die Videoarbeit, die ich zeigen wollte, mit einem partizipatorischem Format bei dem es um Recycling und Zirkulation geht, ergänzen kann. Dieser Idee in Karlsruhe war vorausgegangen, dass ich mich in Paris während meines Stipendiums an der Cité internationale des Arts unter anderem mit der Beziehung zu Dingen beschäftigt habe, die man vergessen hat, die man vermisst. Mich hat interessiert, wie das mit dem Ersetzen dieser Dinge auf funktionaler oder ideeller Ebene ist. Daraus ist ein Film geworden in dem unterschiedliche Resident:innen über ihr Ding sprechen. Ein anderes Beispiel hast Du schon angesprochen: Und zwar die Beziehungen, die ich mit älteren Personen begonnen habe, um im Rahmen von „Sterben Üben“ Gespräche über das Lebensende oder den Blick auf eine gelebte wie erlebte Lebenszeit zu führen. Diese Gespräche sind in die Entstehung des Films „Das Leben als Fünfakter“ miteingeflossen, der dann wiederum gemeinsam nachmittags in einem Erzählcafè angeschaut wurde. Wir haben den Film nicht gemeinsam gedacht, aber der Austausch war wichtig für die Personen - und für mich, um zum Beispiel zu verstehen, dass es immer große Untertitel auf Deutsch als auch auf Englisch braucht, weil die älteren Personen akustisch nicht alles verstanden haben. Für mich war wichtig zu bemerken, dass es nicht zu abstrakt werden darf, sonst verliere ich sie. Und dass es Sinn macht, den Film in fünf Segmente von 10 Minuten aufzuteilen, sonst lässt die Konzentration nach. Ich hatte die Arbeit konzeptuell ja sowieso, daraufhin angelegt, dass das Prinzip der Form auf die aristotelische Dramenstruktur verweist, also aus 5 Akten besteht - so hat alles gut zusammen gepasst. Dieser Beziehungsteil der Arbeiten, der für deren Entstehung ganz wichtig ist, bleibt in der Ausstellung selbst zu einem Teil unsichtbar, denn neben den Gesprächen, die als Audio zu hören sind oder die ich in Material übersetzt habe, entstehen in diesen sozialen Erfahrungsräumen Beziehungen mit Menschen und Gesellschaft, die weit über die Ausstellungsdauer hinaus gehen. In diesem Sinne sind wir wieder bei der Unsichtbarkeit am Anfang angelangt.
Interview with Anna Gohmert:
On the Role of the Visible:
Judith Engel and Anna Gohmert in Conversation
Judith Engel:
Anna, when I was thinking about the role of the visible in your work, to find out what significance the visually perceptible has in it, I quickly came to the concept of the invisible. I originally had the impulse to think about the visual in your work because I wanted to explore a textual strategy for conveying the visual aspect of your work to visually impaired and blind people in terms of accessibility. I quickly came to the conclusion that something invisible is often the general starting point of your work. I would like to elaborate on this: Many of the themes you deal with in your work relate to society and social issues and concern questions about how we live (together). In your artistic exploration, we implicitly encounter abstract questions such as “What is time?”, “How elastic is the concept of the social structure of ‘family’?”, “What is our social relationship to dying?”, “Under what conditions is a person granted privacy?”. The way a society deals with major issues such as life, death, time, and privacy plays a key role in shaping how that society sees itself. And yet, this social aspect does not manifest itself primarily in images, but rather in ways of acting, in relationships or social structures that we influence, sometimes consciously and sometimes unconsciously, and that have an effect on us. It even seems to me to be characteristic of these social values and rules of coexistence that they shape our relationships with each other as invisible forces. You make these invisible forces perceptible in different ways – through materials of various kinds, through different media such as film or sound, through various text formats such as poetic notes or documentary audio recordings. I would like to begin with a question that moves from the invisible back to the visible: How do you see the aspect of the visual in your work?
Anna Gohmert:
I find the concept of the invisible very useful in relation to my artistic practice. The invisible and its visualization are in a tense relationship in my work. What interests me primarily is the human element in these broad themes that you touched on. I’m interested in the blurring that occurs when different positions and opinions on a subject overlap in a real social polyphony. I’m not exclusively interested in a singular, subjective approach, nor in a scientific treatment that provides an “objective” view of a topic. Although I often start from something biographical and include scientific texts in my research, all my work is about social relevance, about people as objects in a social structure, about the human element. But of course the question arises: How can this human element be made tangible? What can be said about it and what can’t? What can be conveyed through language, and which of these invisible things are more in need of a material to make them sensually perceptible? In this context, I spend a lot of time exploring the different possibilities of giving the non-verbal a materiality, a medium, an object. For me, objects, materials, and media are tools that are given meaning through a certain framing.
JE:
So the invisible is also the non-verbal or unspeakable?
AG:
Yes, but the aspect of the invisible goes beyond that. For example, I frequently explore themes through conversations – in other words, through verbal exchange. I often work with self-designed questionnaires that are answered by very different people. For Gescheite(rte) Familienplanung ((In)effective family planning), I had the answers recorded by other people to ensure that no one became an exhibition object, but that the subjectivity of an individual opinion was preserved. Because the subjective, personal perceptions of different people, their different views, opinions, and experiences, give an abstract theme a body, a form, a vague density. The themes that motivate and permeate my work are always complexes of individual opinions, experiences, and expectations. In this sense, conversations for me are vectors that span a certain theme, thought, or motif. And these vectors are invisible, because they ultimately mark different human relationships to a theme, to an object, to another person. This multiplicity is my reference point for manually translating these perspectives into material. What I am actually doing is translation work. I translate the non-verbal, the social, the invisible elements of human life into material. But only in part, because the social also takes place as the social element in the exhibition projects: as an evaluation of a questionnaire, as a social event format, as an encounter. There is also a third kind of invisibility in the collaborative nature of my work. Because the relationships that I establish with different people as part of an artwork or an investigation go far beyond the scope of an exhibition. I have been in contact with many of them for years. This kind of relational work is also not obvious to outsiders – in other words: invisible.
JE:
How do you find a visuality or materiality in the process of creating a work?
AG:
The process of finding material is, as already mentioned, an act of translation for me. I see material as a way of translating texts into something that can also be experienced sensually on other levels and that selects a different approach to perception. First, I have an idea that is expressed linguistically in the form of a poetic text. A text functions for me as a reference point, as a mind map. But this text never actually unfolds in just one single material; I find different materials for different positions on a subject. I always work with different materials to convey a theme. So for me, the visual material has more of the status of a diagram, while the text provides the texture, so to speak, and is the starting point for the choice of material. I don’t necessarily see the choice and use of the material as a matter of preference, but rather as a reflection of the technical possibilities of a translation into the material. This manual, direct, visible work on the material is important to me in order to remain concrete and not become ethereal, which could happen given the level of abstraction of the themes. Through multiple materials, various approaches, and different stations within a work, a movement is triggered that allows something to be felt. With my material translations I offer associations.
JE:
This is exciting in the sense that when experiencing your work, one really has the feeling of being involved in a dialog between text, material, and different media. I would also be interested to know how the different types of text that appear in your work come about, because you also work a lot with external text, which is often generated from conversations about questionnaires that you sometimes design for works. And the questionnaires themselves are also a type of text.
AG:
For me, the text that is added to my starting text from the outside works like a documentary text that makes it possible to capture a multiplicity of voices. Because I don’t just want to express my singular feelings on a subject. Since the themes are very personal, I choose a form that doesn’t put the people involved or the people in my private life on display. In this way, nothing is hidden, but nothing is exposed. The aspects that affect or touch the viewer can be identified individually by each person, but a work can’t be reduced to a single statement. This imprecision is the invisible, which nevertheless exists and isn’t “nothing”. The polyphony of external voices reveals a vagueness that emerges when many different perspectives on a thematic complex become visible. In my work, different types of texts communicate with different types of material and different media as if they were part of a complex conversation, which is why it is not so easy to find opportunities and spaces with enough room for the “individual” works to interact with each other. The arrangement and the dialog that emerges between the different positions is like a fragile choreography, because if the individual positions don’t enter into conversation with each other, they seem almost decontextualized. Things have to talk to each other. I like to make “sentences” – I’m not interested in the solitary thing. There is no center in my work, otherwise it would be easier to exhibit the positions independently of each other. When they’re together in one space, I call the different aspects/sentences a constellation. I understand the choreography of the dialog between different materials and media to be like the work of a spider weaving a web. Through the empty spaces and gaps, through what really can’t be made visible, threads and links are formed that allow us to navigate through an abstract theme.
JE:
I think that’s also noticeable in the way you think about exhibitions, because sometimes events are also part of your work. With Das ist (ja) voll mein Ding (That’s (totally) my thing), there was an auction of objects that you had previously collected from people in the neighborhood and of things that had been given to a charity shop for various reasons. The five-part film Sterben Üben – Das Leben als 5-Akter (Learning to Die – Life in 5 Acts) was screened every two weeks in the afternoon in a community center with coffee, cake, and cold drinks as part of a storytelling cafe with senior citizens, followed by a discussion. In the evening, the same film was then shown in a virtual cave that people could enter as avatars. An introduction to the film was also given there.
AG:
Yes, when I think about the exhibition space or the exhibition events, I’m also concerned with the present, which is immediate and ephemeral. This even goes beyond the exhibition space. I numbered the 500 copies of the publication Learning to Die by hand. A small text is printed above the numbering. The person who buys the book or receives it as a gift is directly addressed by this text: “You are one of a kind. Each book is one of a kind. This is your book. Send a message with your postal address/post office box and a picture of your edition number to: präsens@posteo.de. I will send you a photographic detail from my life. Each picture will be a snapshot of a moment. One of a kind.” So, part of the book is also an ephemeral performance, a fleeting encounter. I think of exhibitions in a similar way – as an encounter. For me, an exhibition functions as a space of experience that is fleeting and yet continues to exist. I also see my work as social sculpture. Not in the sense of art as an aesthetic object of contemplation, but as an object of action and a space of experience. Many connections also come about by chance and in dialog with the place where the work will be shown. For example, next to the Foundation Centre Culturel Franco-Allemand Karlsruhe, where I developed the work That’s (totally) my thing, I noticed a charity shop, which led me to think about how I could complement the video work I wanted to show with a participatory format involving recycling and circulation. This idea in Karlsruhe was preceded by the fact that, during my residency at the Cité internationale des Arts in Paris, I had explored, among other things, the relationship to things that one has forgotten, that one misses. I was interested in what it’s like to replace these things on a functional or idealistic level. This resulted in a film in which different residents talk about their “thing”. You’ve already mentioned another example: namely, the relationships I started with older people to have conversations about the end of life or the view of a lived and experienced lifetime in the context of Learning to Die. These conversations fed into the creation of the film Learning to Die – Life in 5 Acts, which we then watched together in the afternoons at a storytelling cafe. We didn’t conceive of the film together, but the exchange was important for the people – and for me, for example, to understand that there always had to be large subtitles in German as well as English, because the older people didn’t understand everything acoustically. It was important for me to realize that the film shouldn’t be too abstract, otherwise I would lose them. I had already conceptualized the work in such a way that the principle of the form refers to the structure of Aristotelian drama – in other words, it consists of five acts. So everything fit together well. This relational part of the works, which is very important for their creation, remains partly invisible in the exhibition itself, because in addition to the conversations that can be heard as audio or that I have translated into material, relationships with people and society develop in these social spaces of experience that go far beyond the duration of the exhibition. In this sense, we return back to the invisibility at the beginning.
The interview and joint exchange took place in February and March 2024.
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Judith Engel:
Anna, when I was thinking about the role of the visible in your work, to find out what significance the visually perceptible has in it, I quickly came to the concept of the invisible. I originally had the impulse to think about the visual in your work because I wanted to explore a textual strategy for conveying the visual aspect of your work to visually impaired and blind people in terms of accessibility. I quickly came to the conclusion that something invisible is often the general starting point of your work. I would like to elaborate on this: Many of the themes you deal with in your work relate to society and social issues and concern questions about how we live (together). In your artistic exploration, we implicitly encounter abstract questions such as “What is time?”, “How elastic is the concept of the social structure of ‘family’?”, “What is our social relationship to dying?”, “Under what conditions is a person granted privacy?”. The way a society deals with major issues such as life, death, time, and privacy plays a key role in shaping how that society sees itself. And yet, this social aspect does not manifest itself primarily in images, but rather in ways of acting, in relationships or social structures that we influence, sometimes consciously and sometimes unconsciously, and that have an effect on us. It even seems to me to be characteristic of these social values and rules of coexistence that they shape our relationships with each other as invisible forces. You make these invisible forces perceptible in different ways – through materials of various kinds, through different media such as film or sound, through various text formats such as poetic notes or documentary audio recordings. I would like to begin with a question that moves from the invisible back to the visible: How do you see the aspect of the visual in your work?
Anna Gohmert:
I find the concept of the invisible very useful in relation to my artistic practice. The invisible and its visualization are in a tense relationship in my work. What interests me primarily is the human element in these broad themes that you touched on. I’m interested in the blurring that occurs when different positions and opinions on a subject overlap in a real social polyphony. I’m not exclusively interested in a singular, subjective approach, nor in a scientific treatment that provides an “objective” view of a topic. Although I often start from something biographical and include scientific texts in my research, all my work is about social relevance, about people as objects in a social structure, about the human element. But of course the question arises: How can this human element be made tangible? What can be said about it and what can’t? What can be conveyed through language, and which of these invisible things are more in need of a material to make them sensually perceptible? In this context, I spend a lot of time exploring the different possibilities of giving the non-verbal a materiality, a medium, an object. For me, objects, materials, and media are tools that are given meaning through a certain framing.
JE:
So the invisible is also the non-verbal or unspeakable?
AG:
Yes, but the aspect of the invisible goes beyond that. For example, I frequently explore themes through conversations – in other words, through verbal exchange. I often work with self-designed questionnaires that are answered by very different people. For Gescheite(rte) Familienplanung ((In)effective family planning), I had the answers recorded by other people to ensure that no one became an exhibition object, but that the subjectivity of an individual opinion was preserved. Because the subjective, personal perceptions of different people, their different views, opinions, and experiences, give an abstract theme a body, a form, a vague density. The themes that motivate and permeate my work are always complexes of individual opinions, experiences, and expectations. In this sense, conversations for me are vectors that span a certain theme, thought, or motif. And these vectors are invisible, because they ultimately mark different human relationships to a theme, to an object, to another person. This multiplicity is my reference point for manually translating these perspectives into material. What I am actually doing is translation work. I translate the non-verbal, the social, the invisible elements of human life into material. But only in part, because the social also takes place as the social element in the exhibition projects: as an evaluation of a questionnaire, as a social event format, as an encounter. There is also a third kind of invisibility in the collaborative nature of my work. Because the relationships that I establish with different people as part of an artwork or an investigation go far beyond the scope of an exhibition. I have been in contact with many of them for years. This kind of relational work is also not obvious to outsiders – in other words: invisible.
JE:
How do you find a visuality or materiality in the process of creating a work?
AG:
The process of finding material is, as already mentioned, an act of translation for me. I see material as a way of translating texts into something that can also be experienced sensually on other levels and that selects a different approach to perception. First, I have an idea that is expressed linguistically in the form of a poetic text. A text functions for me as a reference point, as a mind map. But this text never actually unfolds in just one single material; I find different materials for different positions on a subject. I always work with different materials to convey a theme. So for me, the visual material has more of the status of a diagram, while the text provides the texture, so to speak, and is the starting point for the choice of material. I don’t necessarily see the choice and use of the material as a matter of preference, but rather as a reflection of the technical possibilities of a translation into the material. This manual, direct, visible work on the material is important to me in order to remain concrete and not become ethereal, which could happen given the level of abstraction of the themes. Through multiple materials, various approaches, and different stations within a work, a movement is triggered that allows something to be felt. With my material translations I offer associations.
JE:
This is exciting in the sense that when experiencing your work, one really has the feeling of being involved in a dialog between text, material, and different media. I would also be interested to know how the different types of text that appear in your work come about, because you also work a lot with external text, which is often generated from conversations about questionnaires that you sometimes design for works. And the questionnaires themselves are also a type of text.
AG:
For me, the text that is added to my starting text from the outside works like a documentary text that makes it possible to capture a multiplicity of voices. Because I don’t just want to express my singular feelings on a subject. Since the themes are very personal, I choose a form that doesn’t put the people involved or the people in my private life on display. In this way, nothing is hidden, but nothing is exposed. The aspects that affect or touch the viewer can be identified individually by each person, but a work can’t be reduced to a single statement. This imprecision is the invisible, which nevertheless exists and isn’t “nothing”. The polyphony of external voices reveals a vagueness that emerges when many different perspectives on a thematic complex become visible. In my work, different types of texts communicate with different types of material and different media as if they were part of a complex conversation, which is why it is not so easy to find opportunities and spaces with enough room for the “individual” works to interact with each other. The arrangement and the dialog that emerges between the different positions is like a fragile choreography, because if the individual positions don’t enter into conversation with each other, they seem almost decontextualized. Things have to talk to each other. I like to make “sentences” – I’m not interested in the solitary thing. There is no center in my work, otherwise it would be easier to exhibit the positions independently of each other. When they’re together in one space, I call the different aspects/sentences a constellation. I understand the choreography of the dialog between different materials and media to be like the work of a spider weaving a web. Through the empty spaces and gaps, through what really can’t be made visible, threads and links are formed that allow us to navigate through an abstract theme.
JE:
I think that’s also noticeable in the way you think about exhibitions, because sometimes events are also part of your work. With Das ist (ja) voll mein Ding (That’s (totally) my thing), there was an auction of objects that you had previously collected from people in the neighborhood and of things that had been given to a charity shop for various reasons. The five-part film Sterben Üben – Das Leben als 5-Akter (Learning to Die – Life in 5 Acts) was screened every two weeks in the afternoon in a community center with coffee, cake, and cold drinks as part of a storytelling cafe with senior citizens, followed by a discussion. In the evening, the same film was then shown in a virtual cave that people could enter as avatars. An introduction to the film was also given there.
AG:
Yes, when I think about the exhibition space or the exhibition events, I’m also concerned with the present, which is immediate and ephemeral. This even goes beyond the exhibition space. I numbered the 500 copies of the publication Learning to Die by hand. A small text is printed above the numbering. The person who buys the book or receives it as a gift is directly addressed by this text: “You are one of a kind. Each book is one of a kind. This is your book. Send a message with your postal address/post office box and a picture of your edition number to: präsens@posteo.de. I will send you a photographic detail from my life. Each picture will be a snapshot of a moment. One of a kind.” So, part of the book is also an ephemeral performance, a fleeting encounter. I think of exhibitions in a similar way – as an encounter. For me, an exhibition functions as a space of experience that is fleeting and yet continues to exist. I also see my work as social sculpture. Not in the sense of art as an aesthetic object of contemplation, but as an object of action and a space of experience. Many connections also come about by chance and in dialog with the place where the work will be shown. For example, next to the Foundation Centre Culturel Franco-Allemand Karlsruhe, where I developed the work That’s (totally) my thing, I noticed a charity shop, which led me to think about how I could complement the video work I wanted to show with a participatory format involving recycling and circulation. This idea in Karlsruhe was preceded by the fact that, during my residency at the Cité internationale des Arts in Paris, I had explored, among other things, the relationship to things that one has forgotten, that one misses. I was interested in what it’s like to replace these things on a functional or idealistic level. This resulted in a film in which different residents talk about their “thing”. You’ve already mentioned another example: namely, the relationships I started with older people to have conversations about the end of life or the view of a lived and experienced lifetime in the context of Learning to Die. These conversations fed into the creation of the film Learning to Die – Life in 5 Acts, which we then watched together in the afternoons at a storytelling cafe. We didn’t conceive of the film together, but the exchange was important for the people – and for me, for example, to understand that there always had to be large subtitles in German as well as English, because the older people didn’t understand everything acoustically. It was important for me to realize that the film shouldn’t be too abstract, otherwise I would lose them. I had already conceptualized the work in such a way that the principle of the form refers to the structure of Aristotelian drama – in other words, it consists of five acts. So everything fit together well. This relational part of the works, which is very important for their creation, remains partly invisible in the exhibition itself, because in addition to the conversations that can be heard as audio or that I have translated into material, relationships with people and society develop in these social spaces of experience that go far beyond the duration of the exhibition. In this sense, we return back to the invisibility at the beginning.
The interview and joint exchange took place in February and March 2024.