Leicht erhöht liegen die Kopfseiten von zwei rostbraunen Fadenvorhängen vor weißem Hintergrund. Die Fäden sind glatt, glänzend und dünner als Spaghetti. Ein Vorhangkopfende liegt auf einem niedrigen Podest und seine Fäden ergießen sich auf den Boden, während der andere Fadenvorhang versetzt dahinter an der Wand hängt und seine Fäden wie ein Bindfadenregen zu Boden laufen lässt. Die unzähligen, dünnen Fäden legen sich wie sauber gekämmtes Haar über den Boden. Die Assoziation der Frisur eines schlafenden Menschen drängt sich auf. Auffallend ist auch, dass die Fäden parallel nebeneinander von der leichten Erhöhung auf den Steinboden laufen, ohne sich zu verknoten. Stellt man sich vor, es käme unkontrollierte Bewegung in die geordnete Fadenstruktur, sieht man sofort zahlreiche Verknotungen. Kann es die geordnete, harmonische Familie nur ohne Bewegung, ohne Veränderung des Bestehenden geben? Führt jede Bewegung zur Kollision, zur Verknotung? Ist jeder Knoten ein Konflikt?
Text: Judith Engel
Translation: Bonnie Begusch
https://annagohmert.de/gescheiterte-familienplanung-ineffective-family-planning/
The tops of two rust-coloured thread curtains rest slightly elevated in front of a white background. The threads are smooth, shiny, and thinner than spaghetti. One end of one curtain lies on a low pedestal with its threads pouring out onto the floor, while the other curtain hangs on the wall behind it, dropping its threads to the floor like a rain of string. The countless thin threads drape across the floor like neatly combed hair, evoking the appearance of a sleeping person’s hairstyle. What is also striking is that the threads run parallel to each other from the slightly raised area to the stone floor without becoming knotted. If we imagine that uncontrolled movement were to enter the ordered thread structure, we would immediately see numerous knots. Can there only be an ordered, harmonious family without movement, without change to the existing order? Does every movement lead to a collision, to a knot? Is every knot a conflict?
Text: Judith Engel
Translation: Bonnie Begusch
https://annagohmert.de/gescheiterte-familienplanung-ineffective-family-planning/
Dieses Glossar soll einen Einblick in einige von Anna Gohmerts Werkomplexe geben, ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Anna Gohmerts Arbeitsweise zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass sich unter dem Titel eines Werkkomplexes oft mehrere Arbeiten verbergen, die im Dialog miteinander stehen. Das Glossar versammelt Schlagworte zu einzelnen Aspekten oder einzelnen Arbeiten der Werkkomplexe, anhand derer sich Leser*innen einen fragmentarischen Eindruck verschaffen können. Das Glossar hat nicht das Ziel, die Arbeiten detailliert zu beschreiben, sondern setzt vor allem darauf, die Materialität des Unsichtbaren in Anna Gohmerts Arbeit herauszuarbeiten. Entlang des Glossars unternehmen Leser*innen assoziativ einen sinnlichen Trip durch einzelne erfahrbare Aspekte (haptische, auditive, visuelle) der Arbeiten. Der zentrale Gedanke des Glossars ist, dass Leser*innen über unterschiedliche Material-Metaphern einen Eindruck und Überblick über unterschiedliche Arbeiten gewinnen, die sich über einen Aspekt ihrer Materialität textlich auffalten und so von einem Detail der Arbeit zur gesamten Arbeit gehen.
Text: Judith Engel
Translation: Bonnie Begusch
This glossary is intended to provide an insight into some of Anna Gohmert’s bodies of work without claiming to be complete. One characteristic of her practice is that the title of a body of work often encompasses several projects that engage in dialogue with each other.
The glossary brings together keywords on individual aspects or individual pieces from the bodies of work, allowing readers to gain a fragmentary impression. It does not aim to describe the works in detail, but rather to highlight the materiality of the invisible in Gohmert’s practice.
The glossary takes readers on an associative sensory journey through individual experiential aspects of the works (haptic, auditory, visual).
The central idea of the glossary is that readers can gain an impression and overview of different works through various material metaphors that unfold textually through an aspect of their materiality, thus moving from a detail of the work to the work as a whole
Text: Judith Engel
Translation: Bonnie Begusch
Leicht erhöht liegen die Kopfseiten von zwei rostbraunen Fadenvorhängen vor weißem Hintergrund. Die Fäden sind glatt, glänzend und dünner als Spaghetti. Ein Vorhangkopfende liegt auf einem niedrigen Podest und seine Fäden ergießen sich auf den Boden, während der andere Fadenvorhang versetzt dahinter an der Wand hängt und seine Fäden wie ein Bindfadenregen zu Boden laufen lässt. Die unzähligen, dünnen Fäden legen sich wie sauber gekämmtes Haar über den Boden. Die Assoziation der Frisur eines schlafenden Menschen drängt sich auf. Auffallend ist auch, dass die Fäden parallel nebeneinander von der leichten Erhöhung auf den Steinboden laufen, ohne sich zu verknoten. Stellt man sich vor, es käme unkontrollierte Bewegung in die geordnete Fadenstruktur, sieht man sofort zahlreiche Verknotungen. Kann es die geordnete, harmonische Familie nur ohne Bewegung, ohne Veränderung des Bestehenden geben? Führt jede Bewegung zur Kollision, zur Verknotung? Ist jeder Knoten ein Konflikt?
Text: Judith Engel
Translation: Bonnie Begusch
https://annagohmert.de/gescheiterte-familienplanung-ineffective-family-planning/
The tops of two rust-coloured thread curtains rest slightly elevated in front of a white background. The threads are smooth, shiny, and thinner than spaghetti. One end of one curtain lies on a low pedestal with its threads pouring out onto the floor, while the other curtain hangs on the wall behind it, dropping its threads to the floor like a rain of string. The countless thin threads drape across the floor like neatly combed hair, evoking the appearance of a sleeping person’s hairstyle. What is also striking is that the threads run parallel to each other from the slightly raised area to the stone floor without becoming knotted. If we imagine that uncontrolled movement were to enter the ordered thread structure, we would immediately see numerous knots. Can there only be an ordered, harmonious family without movement, without change to the existing order? Does every movement lead to a collision, to a knot? Is every knot a conflict?
Text: Judith Engel
Translation: Bonnie Begusch
https://annagohmert.de/gescheiterte-familienplanung-ineffective-family-planning/
Dieses Glossar soll einen Einblick in einige von Anna Gohmerts Werkomplexe geben, ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Anna Gohmerts Arbeitsweise zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass sich unter dem Titel eines Werkkomplexes oft mehrere Arbeiten verbergen, die im Dialog miteinander stehen. Das Glossar versammelt Schlagworte zu einzelnen Aspekten oder einzelnen Arbeiten der Werkkomplexe, anhand derer sich Leser*innen einen fragmentarischen Eindruck verschaffen können. Das Glossar hat nicht das Ziel, die Arbeiten detailliert zu beschreiben, sondern setzt vor allem darauf, die Materialität des Unsichtbaren in Anna Gohmerts Arbeit herauszuarbeiten. Entlang des Glossars unternehmen Leser*innen assoziativ einen sinnlichen Trip durch einzelne erfahrbare Aspekte (haptische, auditive, visuelle) der Arbeiten. Der zentrale Gedanke des Glossars ist, dass Leser*innen über unterschiedliche Material-Metaphern einen Eindruck und Überblick über unterschiedliche Arbeiten gewinnen, die sich über einen Aspekt ihrer Materialität textlich auffalten und so von einem Detail der Arbeit zur gesamten Arbeit gehen.
Text: Judith Engel
Translation: Bonnie Begusch
This glossary is intended to provide an insight into some of Anna Gohmert’s bodies of work without claiming to be complete. One characteristic of her practice is that the title of a body of work often encompasses several projects that engage in dialogue with each other.
The glossary brings together keywords on individual aspects or individual pieces from the bodies of work, allowing readers to gain a fragmentary impression. It does not aim to describe the works in detail, but rather to highlight the materiality of the invisible in Gohmert’s practice.
The glossary takes readers on an associative sensory journey through individual experiential aspects of the works (haptic, auditory, visual).
The central idea of the glossary is that readers can gain an impression and overview of different works through various material metaphors that unfold textually through an aspect of their materiality, thus moving from a detail of the work to the work as a whole
Text: Judith Engel
Translation: Bonnie Begusch